Online-Journalismus ist oft Abschreibejournalismus. Man klaubt sich ein paar Daten zusammen, mischt sie ein bisschen mit Plattitüden und was man so vom Hörensagen kennt, und schreibt.
Ich z.B. hatte genug Mietwagen in den letzten Jahren, ich könnte ad hoc aus dem Stand heraus sofort ein Review über den neuen 7er BMW, den neuen A8 oder die S-Klasse schreiben, ohne mich vom Schreibtisch wegzubewegen. Und es würde dabei sogar plausibel klingen. Mit Wissen aus dem Internet könnte ich jederzeit eine Doktorarbeit fälschen, ohne je studiert zu haben.
Es sind solche Artikelschreiber wie der obige, die dafür verantwortlich sind, dass der Begriff "Fake News" in der Welt ist. Das fing mal irgendwann in den Neunzigern an mit irgendwelchen Trotteln, die meinten, Videospiele - insbesondere Killerspiele - seien gefährlich für die Jugend. Jeder Jugendliche wusste damals, dass das absoluter Schwachsinn ist aber die Eltern, die von Computern keine Ahnung hatten, haben's geglaubt. Und als dann ein Schüler mal eben Amok lief, waren natürlich wieder die "Killerspiele" schuld.
Gestützt auf sogenannte Experten, die nicht mal den Unterschied zwischen "Command & Conquer" und "World of Warcraft" kannten, wurde dann bei Plasberg im Fernsehen darüber sinnfrei diskutiert. Diese Erfahrung hatte nachhaltige Auswirkungen darauf, wie viele der damals Jugendlichen heutzutage gegenüber Journalismus eingestellt sind. Von nichts kommt nichts.
Ähnliches gilt für Auto-Testberichte. Ich habe, wie bereits schon mal erwähnt, seit langem rigoros aufgehört, Testzeitschriften zu lesen. Für meinen Teil haben sie ihren Ruf bereits in den 80ern ruiniert aber so richtig erst, als der berühmte Crash mit Mercedes' neuem, radar-gesteuertem Tempomat passierte und alle lernten, dass da ein Mann von der
Auto Bild involviert war. Man wusste allerdings schon vorher, dass die Tester von den Autoherstellern gerne mal ins sonnige Portugal oder sonst wohin, wo es schön ist, eingeladen wurden, wo dann auf den Hotelzimmern bereits ein netter Fresskorb wartete, um dann bei schönem Wetter das neue Automodell testen zu dürfen. Da lobe ich mir die Briten mit ihrer Sendung Top Gear, die jahrelang rabiat subjektiv, polemisch und schonungslos jede Macke eines Autos aufgedeckt haben, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Aber leider ist das mittlerweile auch wieder Geschichte.
Nicht umsonst sind heute YouTube-Kanäle so populär, weil sie authentischer wirken als Artikel in Zeitschriften oder auf den Online-Seiten von Autotestzeitschriften. Das Ansehen von Journalisten ist heutzutage bei vielen auf dem Niveau von Gebrauchtwagenhändlern angelangt. Die guten Journalisten leiden darunter, dem Rest ist es offenbar scheißegal, was sie da so alles verzapfen. Hauptsache, es gibt Kohle dafür. Tendenziöse Berichterstattung kommt selbst bei SPIEGEL Online viel zu oft vor.
Wer sich wirklich informieren möchte, sollte entweder eigene Erfahrungen sammeln und sich nicht auf das verlassen, was andere sagen, oder sich über viele verschiedene Quellen informieren und dann abwägen. Aber beides ist ja mit Zeitaufwand verbunden, also lassen es die meisten sein. Stattdessen wird man zum geistigen Wiederkäuer und plappert das nach, was andere einem vorgesagt haben.
Sorry, das sollte eigentlich kürzer werden aber manchmal geht es mit mir durch
“If Liberty means anything at all, it means the right to tell people what they do not want to hear" (George Orwell)