V8 Ikonen

Alles rund um Mustangs früherer Generationen und sonstige Autothemen (keine Marken- oder Modellbeschränkung)
Sally67
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Re: V8 Ikonen

Beitrag von Sally67 » 22. Jul 2021, 08:34

Prima Ewald,Danke!
Gruß und
immer gutes Heimkommen.
Martin aus der Vorderpfalz.

Vernünftige Autos werden vom Antrieb geschoben, nicht gezogen!

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Mach 1
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Re: V8 Ikonen

Beitrag von Mach 1 » 23. Jul 2021, 09:40

Heute mal eine Ikone mit etwas weniger Hubraum.

Der Moto Guzzi V8.


Moto Guzzi V8.jpg
Moto Guzzi V8.jpg (121.38 KiB) 8023 mal betrachtet




1954 entwickelte Giulio Carcano - bei Moto Guzzi Chefentwickler und Rennleiter in einer Person - einen beispiellosen
Motorrad Rennmotor.
Seine Überlegung war:
Bei limitiertem Hubraum ermöglichen mehr Zylinder höhere Drehzahlen und sorgen somit für mehr Leistungsausbeute und Vorteil gegen die Konkurrenz.
Ein Konzept, welches Honda bekanntlich einige Jahre später erfolgreich bis zum Exzess zelebrierte.

Da ein quereingebauter Sechszylinder Reihenmotor wegen der Baubreite nicht in Frage kam wagte sich Carcano an einen sehr kompakten, flüssigkeitsgekühlten V8, der kaum breiter als ein Vierzylinder war.


Moto Guzzi 500cc V8.jpg
Moto Guzzi 500cc V8.jpg (141.92 KiB) 8014 mal betrachtet


Die Eckdaten waren für damalige Verhältnisse beeindruckend.

0,5 Liter Hubraum
Bohrung x Hub 44mm x 41mm
Verdichtung 11,5:1
8 (!) Dell Orto Vergaser
80PS bei 14.000U/min
Höchstdrehzahl 16.000U/min
47,6Nm bei 9300U/min
4 zahnradgetriebene OHC
2 Ventile pro Zylinder
Magnesiumgehäuse
Integriertes Getriebe
56kg Gewicht



V8 Schnitt.jpg
V8 Schnitt.jpg (163 KiB) 8023 mal betrachtet


V8 Schnitt.jpg
V8 Schnitt.jpg (163 KiB) 8023 mal betrachtet


Moto-Guzzi-V8.jpg
Moto-Guzzi-V8.jpg (95.14 KiB) 8023 mal betrachtet



Mit diesem Motor erreichte eine verkleidete Moto Guzzi fast 300km/h.
Erste Siege stellten sich ein und Geschwindigkeitsrekorde wurden erzielt.
Dennoch wurde das Projekt bereits 1957 aufgegeben noch bevor ein WM Titel erreicht werden konnte.

Moto Guzzi V 8.jpg
Moto Guzzi V 8.jpg (91.49 KiB) 8017 mal betrachtet
Dateianhänge
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MG500V8.jpg (121.03 KiB) 8023 mal betrachtet

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Re: V8 Ikonen

Beitrag von Mach 1 » 6. Aug 2021, 10:02

Geht nicht gibts nicht. Das gilt auch für V8.

Pushrod V8 mit 4 Ventilen pro Zylinder? Unmöglich?
Oldsmobile hat mit dem W-43 V8 eindrucksvoll gezeigt, wie man so etwas realisiert.

Seit Mitte der 60er Jahre war das Leistungswettrennen der Big Three in Detroit voll entbrannt.
Jedes Jahr überboten sich GM, Ford und Chrysler mit noch extremeren Leistungen.
Der Sprit war billig und die Kundschaft ebenso konsumfreudig wie leistungshungrig.
Die von JFK Anfang der 60er eingeleitete Aufbruchstimmung war überall spürbar und gipfelte in der Mondlandung.
Es schien, als liesse sich mit US Technik jedes Ziel erreichen.

Oldsmobile, traditionell zuständig für die erzkonservative GM Kundschaft sprang erst recht spät auf den Performance-Zug auf.
Das lag aber nicht an mangelnder Motorenkompetenz sondern daran, dass die GM Hierarchie genau regelte, welche
Motoren die einzelnen Divisons anbieten durften.
Da sportliche Autos so gut wie immer den Umsatz ankurbeln, wurde erst recht spät der
4-4-2 (4fach Vergaser, 4 Gänge, Doppelauspuff) aufgelegt. Besonders in der leistungsgesteigerten W-30 Version bis heute heiss begehrt und ein Muscle Car Meilenstein.

Hinter den Kulissen wurde weiter fleissig an Motorinnovation experimentiert.
Um eine besonders füllige Drehmomentkurve sowie ein sattes Leistungsplus zu generieren wurde an verbesserter Zylinderfüllung geforscht. Der Schritt zu mehr Ventilen war da ein logischer Lösungsansatz.
Der W-43 war das Mittel der Wahl.

Oldsmobile W43.jpg
Oldsmobile W43.jpg (84.07 KiB) 7926 mal betrachtet

Da sich 4 Ventile bei halbkugelförmigen Brennräumen nur sehr schwer umsetzen lassen, entwarf Oldsmobile einen Semi-Hemi mit
dachförmigem Brennraum und zentraler Zündkerze. Dieses Design ist auch heute noch weit verbreitet.


W43 head.jpg
W43 head.jpg (50.77 KiB) 7926 mal betrachtet


Um eine saubere Führung der Kipphebel auch bei höheren Drehzahlen zu gewährleisten, wurden pro Zylinderkopf zwei
Kipphebelwellen eingesetzt. Eine teure und aufwändige Konstruktion, für die sonst nur der Chrysler Hemi bekannt war.


Head.jpg
Head.jpg (33.53 KiB) 7926 mal betrachtet


Die Kolben mit ihren prägnanten Ventiltaschen:


Kolben W43.jpg
Kolben W43.jpg (88.45 KiB) 7926 mal betrachtet


Insgesamt eine sehr schön ausgeführte Konstruktion.
Die Leistung wurde mit 440HP bei bescheidenen 4.600U/Min angegeben.
Angesichts von 455 cubic inch und durchsatzfördernden Zylinderköpfen wohl etwas tiefgestapelt.

Als nächster Evolutionsstufe war der OW-43 in Vorbereitung, der dank zahnradgetriebener DOHC alles noch besser können sollte.
Aber das ist eine andere Geschichte.

Letzendlich kam der W-43 angesichts neuer EPA Normen und dem Zwang zu Normalbenzin leider zu spät.
GM gab das Programm auf.
Anfang der 70er war das automobile Wettrüsten dann beendet und das zwangsverordnete bleifreie Zeitalter mit langweiligen und beliebigen Motoren begann.

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Re: V8 Ikonen

Beitrag von Mach 1 » 7. Aug 2021, 17:20

Heute möchte ich Euch auf den 3-Ventil Chevrolet V8 aufmerksam machen.

Ein wunderschönes und beeindruckendes Triebwerk, entwickelt und gebaut von Mickey Thompson.

Mickey Thompson.jpg
Mickey Thompson.jpg (71.65 KiB) 7870 mal betrachtet


Mickey Thompson war ein US amerikanischer Selfmademan.
Ein ebenso genialer Erfinder wie Konstrukteur, erfolgreicher Rennfahrer und Geschäftsmann in einer Person.
Sein Leben wäre ausreichend Stoff für einen Spielfilm.
In seiner beeindruckenden Karriere nahm er an über 10.000 Rennen teil und gewann
mehrere Meisterschaften in den verschiedensten Motorsport-Kategorien.
Zahlreiche Erfindungen gehen ebenfalls auf sein Konto.

Tragisch hingegen sein Ende. 1988 wurde er in seinem Haus gemeinsam mit seiner Frau von 2 Auftragsmördern erschossen.
Die Mörder konnten bis heute nicht gefasst werden.


Von der nachfolgend gezeigten, besonders markanten Motor Version mit 16 Einzeldrosselklappen existiert nur ein einziges Exemplar.
Einsatzbereich war das berühmte Rundstreckenrennen von Indianapolis zwischen 1967 und 1968.


Mickey Thompson 305.jpg
Mickey Thompson 305.jpg (73.45 KiB) 7870 mal betrachtet


Ein paar Eckdaten:

305 Cubic inch
565HP
16 (!) Drosselklappen
Hilburn Einspritzung


Auf nachfolgendem Bild ist der Ventiltrieb mit jeweils 2 Einlass,- und 1 Auslassventil gut zu erkennen.
Als "Amerikaner" mit Chevroletblock handelt es sich natürlich um einen Pushrod V8.
Die Detailausführung ist aber dennoch ebenso ungewöhnlich wie bemerkenswert.


MT Zylinderkopf.jpg
MT Zylinderkopf.jpg (105.37 KiB) 7870 mal betrachtet


Ebenso ziemlich ungewöhnlich: Der Kolben, der fast an einen Nasenkolben von Zweitaktmotoren erinnert.


MT Kolben mit Pleuel.jpg
MT Kolben mit Pleuel.jpg (72.37 KiB) 7870 mal betrachtet


Fertig restauriert sieht das dann in artgerechter Umgebung so aus:


MT Chevy V8.jpg
MT Chevy V8.jpg (89.66 KiB) 7870 mal betrachtet


Wie ich meine: Ein erfreulicher Anblick! :)

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Re: V8 Ikonen

Beitrag von griwer » 9. Aug 2021, 12:31

Ein Mickey Thompson ist dem bundesdeutschen Normalbürger völlig unbekannt. Anders wird es bei den Dragracern. Dort wird er vergöttert. Nicht nur wegen seiner Motoren. Wer will kann ja mal nach Mickey Thompson Tires googlen ;-)

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Re: V8 Ikonen

Beitrag von Mach 1 » 9. Aug 2021, 16:13

griwer hat geschrieben:
9. Aug 2021, 12:31
Ein Mickey Thompson ist dem bundesdeutschen Normalbürger völlig unbekannt. Anders wird es bei den Dragracern. Dort wird er vergöttert. Nicht nur wegen seiner Motoren. Wer will kann ja mal nach Mickey Thompson Tires googlen ;-)
Stimmt. In unseren Breiten völlig zu Unrecht leider ziemlich unbekannt.

Für mich steht Mickey Thompson in der Hall of fame aber auf einem Level wie Carroll Shelby :supergrins:

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Re: V8 Ikonen

Beitrag von Mach 1 » 9. Aug 2021, 20:35

Die Faszination Dragster-Motor wurde hier am Rande ja bereits erwähnt.

Zeit, sich diesen interessanten V8 Monster-Triebwerken einmal näher zu widmen.

Meiner Meinung nach zeigt nichts besser als die Top Fuel Klasse, welches enorme Potential in Hubkolbenmotoren steckt.
Top Fuel bedeutet die Königsklasse im Dragstersport. Top Fuel Dragster werden meist mit überdimensionierten Repliken des legendären Chrysler HEMI mittels eines Gemisches aus 10 % Methanol und 90 % Nitromethan betrieben.

Der Hubraum ist auf 500 Cubic Inch limitiert.
Zylinderköpfe, Pleuel und die Kurbelwelle sind ausgeklügelte und hochfeste Spezialteile aus den robustesten Werkstoffen wie Titan oder Kohlefaser.
Zwei oder gar drei Zündkerzen pro Zylinder sind keine Seltenheit.


Top Fuel V8.jpg
Top Fuel V8.jpg (598.48 KiB) 7761 mal betrachtet


Das Ergebnis sind Eckdaten wie aus einer anderen Welt. Fast schon Furcht einflössend :huch:

Ein Top-Fuel Motor leistet bei Vollast zwischen 10.000 - 12.000PS!
Ein einziger dieser Motoren erzeugt also mehr Leistung als 10 Formel 1 Motoren.


Bei Vollgas verbrennt ein Dragster Motor fast 8 Liter Nitromethan. Pro SEKUNDE.
Das entspricht in etwa der gleichen Menge Kraftstoff, die sich auch ein voll beladenes Verkehrsflugzeug mit 4 Triebwerken und 300 - 400 Tonnen Startmasse genehmigt.
Als wäre das nicht "schlimm" genug: Nitromethan hat 4 mal so viel Energieinhalt wie Kerosin und liefert praktischerweise den eigenen Sauerstoff zur Verbrennung gleich mit.

Der Antrieb des Kompressors schluckt mehr als so mancher Serien Mustang Motor erzeugt (über 400PS)


Kompressor.jpg
Kompressor.jpg (39.06 KiB) 7761 mal betrachtet


Dieser Kompressor fördert die Kraftstoffgemisch mit etwa 900m³/Minute in die 8 Zylinder. Das Gemisch ist dabei mehr flüssig als gasförmig bevor es gezündet wird. Die Verbrennungseinheiten laufen kurz vor der hydraulischen Blockade - das Gemisch lässt sich gerade noch komprimieren. Nahe am Flüssigkeitsschlag!

Bei einem Mischverhältnis von 1.7:1 Luft/Nitromethan Gemisch - zum Vergleich, Benzin wird mit ca. 14.7:1 als ideales Gemisch angesehen - erreicht die Flammenfront im Brennraum 3900°C !


Zylinderkopf.png
Zylinderkopf.png (485.66 KiB) 7761 mal betrachtet


Nitromethan brennt gelb, die spektakuläre weisse Flamme die beim Start aus den 8 Auspuffstummeln ohrenbetäubend mit 150 Dezibel aus den 8 Auspuffstummeln entweicht ist reiner, verbrennender Wasserstoff. Quasi ein Wasserstoffantrieb :supergrins: :supergrins: :supergrins:

Der Wasserstoff kommt von der Luftfeuchtigkeit, der von der heissen Flamme oxidiert wird. Der dabei enstehende Rückstoss nach unten ist enorm aber auch durchaus gewollt. Sorgt das doch für zusätzlichen Anpressdruck auf die Ballonreifen während der brachialen Beschleunigung.

Die Zündkerzenelektroden werden während ihrer kurzen Lebensdauer von wenigen Sekundenbruchteilen total zerstört. Bereits nach 200m - der halben Distanz des Beschleunigungsrennens sind die Elektroden komplett abgebrannt und das Gemisch zündet bereits von selbst.
Die extreme Kompression und die mittlerweile auf fast 800°C aufgeheizten Auslassventile machen es möglich.
In dieser Phase könnte der Motor nur noch durch Nullförderung abgestellt werden.


Ventiltrieb.jpg
Ventiltrieb.jpg (314.61 KiB) 7761 mal betrachtet


Sollte am Anfang der 1/4 Meile der Zündfunke aber zu früh versagen und es zu einer Fehlzündung kommen würde das der Kompressor nicht mitbekommen. Folge: Er fördert weiter Unmengen an Nitromethan in die Zylinder.
Ergebnis ist der bereits vorher genannte nun reale Flüssigkeitsschlag. Das ist aus gutem Grund gefürchtet, denn der Motor explodiert und entledigt sich dabei nicht nur seiner Zylinderköpfe sondern meist auch Teilen seines Blocks.
Deshalb ist es Vorschrift, dass diese Motoren mit Kevlar-Fangbändern umschlungen sind um die Umgebung nicht in Mitleidenschaft zu ziehen.


Eine Vorstellung, welche Urgewalten im Kurbelgehäuse des Motors wüten liefert ein Blick auf die massiven Pleuel:


Pleuel.jpg
Pleuel.jpg (55.86 KiB) 7761 mal betrachtet



Die abartigen Dimensionen werden aber erst speziell im Vergleich mit Serienmotoren sichtbar.
Links das Pleuel eines Topfuel V8 und rechts ein Serienpleuel:


Pleuelvergleich.jpg
Pleuelvergleich.jpg (12.5 KiB) 7761 mal betrachtet


Ein weiteres bemerkenswertes Detail betrifft die Kurbelwelle:
Top-Fuel Dragster verdrehen durch die Gewalteinwirkung von "oben" die Kurbelwelle in Drehrichtung um bis zu 20 Grad!
Das ist derart krass, dass die Nockenwelle von vorne bis hinten versetzt ausgeführt werden muss.
Andernfalls würden Steuerzeiten der Ventile nicht mehr stimmen.

Wozu dieser ganze Wahnsinn? :supergrins:

Ganz einfach. Um zu gewinnen.
Bei der Jagd nach dem 1/4 Meilen Bestzeiten werden über 500km/h erreicht. In 4 SEKUNDEN!
Dabei wirken auf den Piloten bis zu 8G ein.
Währenddessen dreht ein Top Fuel Motor lediglich nur etwas mehr als 500 Umdrehungen bis zum Ziel.
Das Drehzahlmaximum liegt dabei bei ca. 9500U/min
Ob der Fahrer das noch mitbekommt, darf bezweifelt werden.
Um eine Idee von der unfassbarenBeschleunigung zu bekommen:
Ein Dragster hat bereits 200km/h erreicht, bevor die Hinterräder die Startlinie überquert haben.

Die Treibwerke werden - sofern nicht komplett zerstört - nach ihrem kurzen aber heroischen Leidensweg meist wieder komplett auseinander genommen und mit sündteuren Komponenten erneut aufgebaut.

Der Zustand vor der Revision sieht im günstigsten Fall dann so aus:



The End.jpg
The End.jpg (284.46 KiB) 7761 mal betrachtet



Mr.Spock würde jetzt wahrscheinlich sagen: "Faszinierend" :)

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Re: V8 Ikonen

Beitrag von griwer » 10. Aug 2021, 11:34

Nicht nur Mr. Spock. Erstmal Kompliment für das Posten und vor allem Recherchieren. Dragracing ist ja etwas bei uns eher steifmütterlich abgehandelt. Irgendwo fast verständlich, da es ja "nur" 400m geradeaus geht. Wieviel Wissen und know how eigentlich dahinter steckt geht dabei einfach verloren. Zu dem Post von @Mach 1 kann ich nur noch ergänzen dass bei den "großen Klassen" nach jedem (!!!!) Lauf der Motor zerlegt und überprüft wird. Warum wird klar wenn man den Vorpost gelesen hat.
Mein erstes Dragrace durfte ich 89 (eine der ersten Nitrolympics) miterleben. Das hatte ganz klar Suchtpotential und endete damit, daß ich 2002 einen Pokal von dort mit nach Hause nehmen durfte.

P.S.: Ich war einer der Verrückten die diesen Spaß auf 2 Rädern betrieben haben ;-)

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Re: V8 Ikonen

Beitrag von Bullfrog » 10. Aug 2021, 14:43

Wir hatten letztes Jahr super Karten mit richtig guten Plätzen für die Nitrolympx - wäre unser erstes gewesen ... wäre :(
Aberglaube bringt Unglück.

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Re: V8 Ikonen

Beitrag von Mach 1 » 16. Aug 2021, 16:13

Heute möchte ich Euch auf den Repco-Brabham V8 aufmerksam machen.
Ein fast vergessener Sieger-Typ.

Viele Köche verderben den Brei. Sagt man.
Stimmt zwar häufig aber nicht immer.

Die Geschichte dieser Ausnahmeerscheinung:

Anfang der 60er Jahre stellte Buick einen kleinen und leichten Alu V8 mit 215 Cubic inch vor. Das für damalige Verhältnisse sensationell niedrige Gewicht deutet bereits früh Potenzial im Motorsport.an.
Leider bringt Buick den Motor unausgereift auf den Markt und verabschiedet sich wegen Kühlproblemen bereits nach zwei Jahren wieder von dieser Konstruktion. Für Rover ein Glückfall. Die Briten kaufen den Motor und vermarkten ihn nach vielen Detailmodifikationen in verschiedenen Varianten bis 2004 recht erfolgreich.

Es gibt aber noch einen zweiten Nutzniesser, der sich Rechte sichert: Repco.


Repco Brabham.jpg
Repco Brabham.jpg (165.72 KiB) 7603 mal betrachtet



Repco ist in Australien eine große Nummer im Ersatzteilgeschäft.
Um weiter zu wachsen, wird werbewirksamer Motorsport betrieben.
Zu dieser Zeit ist ein gewisser Jack Brabham auf Motorensuche für die Formel 1.
Repco ist dem australischen Nationalhelden da natürlich gerne behilflich und baut kurzerhand auf der Buick Grundlage einen siegfähigen Motor.
Genauergesagt ist es ein Ableger von Buick Schwester Oldsmobile.


Repco Olds Block.jpg
Repco Olds Block.jpg (91.47 KiB) 7603 mal betrachtet


Um die Gefahr von Verzug der Zylinderköpfe zu reduzieren, verfügen die Motorblöcke bei Oldsmobile nämlich über 18 statt 14 Stehbolzen pro Seite. Hauseigene Repco Zylinderköpfe mit zwei Ventilen pro Zylinder und oben liegenden Nockenwellen werden konstruiert und bei einem Luftfahrtunternehmen produziert. Die Nockenwellen werden über Stirnräder angetrieben.
Mit einer Bohrung von 88,9mm und einem Hub von 60,3mm kommt der Motor auf knapp unter 3 Liter. Zunächst stehen 289 PS Leistung zur Verfügung. Doch kurz darauf sind es schon 303 PS bei 7.800 U/Min.
Der Repco 620 - wie er inoffiziell heisst - ist von Beginn an standfest. Zudem wird dieser V8 kontinuierlich weiter entwickelt. Bald stehen 315 PS Leistung und ein Drehmoment von 310 Newtonmeter zur Verfügung. Demzufolge wird Jack Brabham 1966 zum dritten Mal Weltmeister.
Im Jahr darauf folgt der nächste Weltmeistertitel für den Repco-Brabham. Diesmal durch den Neuseeländer Dennis Hulme.
Der Motor dreht da bereits mehr als 8.000U/min und leistet 330 PS.
Der Zenith ist erreicht.


In der Zwischenzeit ist nämlich Cosworth auf der Bühne erschienen und setzt mit einer grundlegend neuen Kostruktion uneinholbare Bestmarken.
Repco reagiert zwar schnell mit Vierventil-Zylinderköpfen.
Mehr als 385 PS bei 9.000U/min sind aber nicht mehr heraus zu holen.
Die Konstruktion ist ausgereizt und die Leistungsausbeute ist zu dieser Zeit bereits zu gering.
Repco experimentiert noch mit exotischen Diametralzylinderköpfen, zieht sich Ende 1968 aber offiziell aus der Formel 1 zurück.
Das Abenteuer hatte bereits zu viel Geld verschlungen.


Repco V8 diametral.jpg
Repco V8 diametral.jpg (13.55 KiB) 7603 mal betrachtet


Es folgt noch ein Sieg in Südafrika, Auftritte in Le Mans und bei US amerikanischen Formeln durch private Betreiber.
Bei Rover dauert es übrigens noch fast ein ganzes Jahrzehnt, bis der V8 im Motorsport auftaucht.
Für viele unvergessen sind die markanten und siegreichen Rover SD1 von Tom Walkinshaw Racing (TWR) in der Tourenwagen-Europameisterschaft der 1980er Jahre.

Die Firma Repco gibt es im Gegensatz zu Rover übrigens immer noch.

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Re: V8 Ikonen

Beitrag von Waldo Jeffers » 17. Aug 2021, 08:25

Mach 1 hat geschrieben:
9. Aug 2021, 20:35
Meiner Meinung nach zeigt nichts besser als die Top Fuel Klasse, welches enorme Potentiamittels eines Gemisches aus 10 % Methanol und 90 % Nitromethan betrieben.
Mr.Spock würde jetzt wahrscheinlich sagen: "Faszinierend" :)
Ich hörte mal, dass in dem Methanol/Nitromethan Gemisch auch 2-3% Rhizinusöl mit dabei sind. Das Gemisch wurde bzw. wird auch bei uns in Deutschland verwendet: In der Modellbau-Flugszene bzw. früher wohl auch bei Renncarts. :grins:

Top Beitrag von Dir hier, wieder einmal. Vielen Dank :clap:
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Re: V8 Ikonen

Beitrag von Mach 1 » 17. Aug 2021, 08:55

Waldo Jeffers hat geschrieben:
17. Aug 2021, 08:25
Mach 1 hat geschrieben:
9. Aug 2021, 20:35
Meiner Meinung nach zeigt nichts besser als die Top Fuel Klasse, welches enorme Potentiamittels eines Gemisches aus 10 % Methanol und 90 % Nitromethan betrieben.
Mr.Spock würde jetzt wahrscheinlich sagen: "Faszinierend" :)
Ich hörte mal, dass in dem Methanol/Nitromethan Gemisch auch 2-3% Rhizinusöl mit dabei sind. Das Gemisch wurde bzw. wird auch bei uns in Deutschland verwendet: In der Modellbau-Flugszene bzw. früher wohl auch bei Renncarts. :grins:

Top Beitrag von Dir hier, wieder einmal. Vielen Dank :clap:
Ja, es wird zur Verbesserung der Ventil-Schmierung sogenanntes Upper Oil beigemengt.
Methanol hat zwar einige Vorteile aber eben auch Nachteile zu Benzin.
Dazu gehört die geringe Schmierwirkung.
Der genaue Prozentsatz entzieht sich aber meiner Kenntnis und ich vermute, dass da jeder Rennstall seine eigene Rezeptur fährt.
Das von mir genannte Verhältnis Methanol zu Nitromethan ist deshalb auch nur als ungefährer Richtwert zu verstehen.

Falls jemand eine Bezugsquelle für Dragster Kraftstoffe sucht oder sich interessiert, wieviel solche Komponenten kosten:
https://rennbenzin.de/Shop/?ordner=shop ... w-products

Bitte das keinesfalls als Werbeeinschaltung oder Empfehlung zu verstehen.
Bin an dem Betrieb nicht beteiligt ;)

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Re: V8 Ikonen

Beitrag von Waldo Jeffers » 17. Aug 2021, 11:30

Kurzer OT, bitte um Pardon und muss/sollte hier nicht weiter diskutiert werden: Bei unseren luft-ölgekühlten Rennboxern in der Zeit 2008-2012 (bis ich dann mit den Renntrainings auf zwei Rädern aufhörte) wurde bei heissen Temperaturen auch Octane booster (Mischungen bis 105 Oktan, ausgehend von ultimate oder vpower) verwendet, um Füllung und Innenkühlung zu verbessern, ein Kollege hat mit einem Zünd-Booster und einer Nebeneinspritzung eines Methanol-Wasser-Gemisches (vom Prinzip ähnlich wie früher bei den luft-ölgekühlten BMW Sternmotoren der FW190) über die Bohrung für die serienmäßige, unten liegende Nebenzündkerze experimentiert. Das hat gut funktioniert, bis dann die Köpfe rissen (wenn sie gehalten hätten, wären über 150PS mit der Zeit die Pleuel/Pleuellager kaputt gegangen , die größte Schwachstelle auf Grund der Kurbelwellen-Durchbiegung über 150 PS beim luft-ölgekühlten BMW-1200er-Boxer-Grundmotor, ab 165 PS litten dann auch Getriebe und die Kraftübertragung) .
Für Alltags- bzw. im Straßenverkehr eingesetzte Fahrzeuge ist das alles nix.

So gesehen ist der Coyote Motor der 2. Generation schon ein unglaublich solider und robuster Motor, wie wir an den zahlreichen Kompressor-Fahrzeugen mit über 700 PS sehen, die teils lange problemlos laufen (wenn sie korrekt behandelt und gewartet werden). Leistungssteigerungen in einem Bereich von 280 und mehr PS verkraftet kaum ein Großserienmotor mit so wenigen weiteren Eingriffen zur Sicherung der Standfestigkeit.
Zuletzt geändert von Waldo Jeffers am 18. Aug 2021, 06:34, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: V8 Ikonen

Beitrag von AufWunschGelöscht38 » 17. Aug 2021, 22:21

Bullfrog hat geschrieben:
10. Aug 2021, 14:43
Wir hatten letztes Jahr super Karten mit richtig guten Plätzen für die Nitrolympx - wäre unser erstes gewesen ... wäre :(
Ich hatte mein erstes Mal 2019,
Beim ersten Lauf der Königsklasse (wir waren ca. 30m vom Dragster entfernt) ist mir das Herz fast aus dem Körper gefallen, die restlichen Organe mußte ich auch neu sortieren.
Wer dass, das Erste mal erlebt ist erst einmal geschockt, danach halb taub (sollte er seinen Gehörschutz vergessen haben) und auf der Suche nach Sauerstoff (der verbrennt im Umfeld eines Dragsters gefühlt innerhalb einer Sekunde beim Start).
Man kann sich im Vorfeld nicht ansatzweise vorstellen welch eine Gewalt so ein V8 Motor entweickeln kann, einfach unglaublich :Winkhappy:
Ich hoffe du darfst das irgendwann selbst erleben, es lohnt sich :Bier:

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Re: V8 Ikonen

Beitrag von Mach 1 » 18. Aug 2021, 18:55

Mal wieder eine kurze Abendlektüre:


Vielen von Euch ist Peter Wheeler vermutlich unbekannt.
Wheeler war Engländer und überzeugter TVR Fahrer und vor allem kein Freund von halben Sachen.
Quasi wie eine Lunte, die an beiden Enden gleichzeitig brennt.
Nachdem er als Ausrüster in der Ölindustrie zu etwas Geld gekommen war und TVR 1981 mal wieder kurz vor dem Bankrott stand,
schlug er kurzerhand zu und kaufte gleich das ganze Unternehmen.

Fortan bereicherten seine gewagten TVR Konstrukte den Automobilsektor um ziemlich kompromisslose Sportwagen.
Als Antriebsquelle fungierte neben einigen etwas brustschwachen Ford V6 Motoren der bereits in einem früheren Beitrag
erwähnte legendäre Rover V8.
Selbstverständlich wurde dieser nach allen Regeln der Kunst getunt und letztlich auf bis zu 5 Liter Hubraum vergrössert.

Als Gerüchte aufkamen, dass BMW Rover aufkaufen würde stellten sich bei Wheeler Zweifel ein, ob der Rover V8 weiter verfügbar sein würde.
Was lag also näher, angesichts dieser ungewissen Zukunft gleich einen eigenen TVR Motor zu entwickeln.
Typisch Wheeler natürlich in Rekordzeit.

Zu diesem Zweck wurde der ebenso autoverrückte Motorenspezialist Al Melling unterstützt durch seinen Mitarbeiter John Ravenscroft angeheuert.
Wie damals bei englischen Kleinserienherstellern noch üblich, waren die Entwicklungsprozesse ebenso kurz wie chaotisch.
Eine Anekdote überliefert, dass Al Melling die Original-Konstruktionspläne an Wheeler unter hohem Zeitdruck vor dem Wochenende übergeben hatte, ohne noch eine Anzahlung erhalten zu haben. Nicht mal eine Kopie wurde einbehalten.
Am darauffolgenden Montag stand allerdings die Entscheidung zur Produktion bereits so gut wie fest.


AJP Draft.jpg
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Nach vielen Streitereien wurde der AJP V8 dann unter tatkräftiger Unterstützung von Zulieferern auch tatsächlich in Angriff genommen.


AJP.jpg
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AJP steht übrigens für Al Melling, John Ravenscroft und Peter Wheeler.



Der neue Motor war eine sehr eigenwillige Konstruktion und hatte es in sich.
Wegen der sehr knappen Einbauverhältnisse in Folge der von Peter Wheeler stets bevorzugten Frontmittelmotor-Bauweise
sowie der raumfordernden SOHC Zylinderköpfe wurde der für einen V8 sehr untypische Bankwinkel von 72° gewählt.

AJP Zylinderköpfe.jpg
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Nicht genug. Um eine möglichst hohe Leistungsausbeute aus relativ wenig Hubraum zu erzielen kam eine 180° Kurbelwelle zum Einsatz. Mir ist kein anderer Serien-Motor in dieser schrägen Kombination bekannt.


AJP Flatplane Kurbeltrieb.jpg
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Dass sich der gewählte Bankwinkel in Verbindung mit der Flatplane Kurbelwelle auf die Laufruhe recht negativ auswirken musste Wheeler kurz darauf am eigenen Leib erfahren.
Als Mastermind in seiner Firma war er auch gleichzeitig ein bekannt zügiger Testfahrer seiner Protoypen.
Bei einer Testfahrt brach in Folge der Vibrationen nach nur 600km die Kurbelwelle.
Deshalb wurde rasch eine per Zahnrädern angetriebene Ausgleichswelle hinzugefügt und die Kurbelwelle von da ab geschmiedet.
Auch viele andere Komponenten wurden sehr hochwertig ausgeführt.

AJP Pleuel.jpg
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Trotz des Extragepäcks durch die Ausgleichswelle war der AJP V8 zu seiner Zeit und der Philosophie des Hauses mit nur 120kg immer noch konkurrenzlos leicht.
Ebenso herausragend war die für einen Saugmotor spezifische Leistung:

Der 4,2 Liter produzierte bereits 360PS bei fast 7.000U/Min sowie 434 Nm bei 4.500U/Min
Das spätere Upgrade auf 4,5 Liter leistete lautstarke 420PS bei 6.750U/Min.
Ebenso beeindruckend das maximale Drehmoment von 515Nm bei sportlichen 5.000U/Min.


Für besonders Furchtlose gab es darüber noch die "Red Rose" Version mit 440PS.
Literleistung fast 100PS!


TVR AJP V8.jpg
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Peter Wheeler erregte übrigens in der Kultsendung Top Gear mit seinen pointierten Aussagen - vermutlich nicht ganz unbeabsichtigt werbewirksam - mehrfach erhebliches Aufsehen.
Überliefert sind z.B. seine markigen Aussagen zum Leistungsgewicht "eigentlich übermotorisiert" als auch zu den "bewusst gewollten" Fehlzündungen an seinen V8 Motoren. Abgaswerte waren damals erfreulicherweise noch kein Thema :supergrins:


Das Ende der Geschichte:
Nach dem V8 wurde noch ein famoser Reihensechszylinder "Speed Six" und ein Zwölfzylinder "Speed Twelve" entwickelt.
TVR wurde 2004 um 15 Millionen Pfund an einen russischen Geschäftsmann verkauft und war kurz danach pleite.
Peter Wheeler verstarb 2009.

https://www.youtube.com/watch?v=A1m2C0COyog

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Re: V8 Ikonen

Beitrag von Mach 1 » 25. Aug 2021, 15:36

Es wird Zeit, mal wieder einer V8 Ikone von Ford zu huldigen.

Dem BOSS 302.


B 302.jpg
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Boss 302. Was für ein Name! Aber was ist das eigentlich genau?
Es handelt sich um den zivilen Ableger des Mustang Antriebs für die Trans Am Serie von 1969.

Ein relativ hoch drehender V8 mit für amerikanische Verhältnisse bescheidenem Hubraum von 302 Kubikzoll = 4,9Liter.

Beim Boss 302 wurde ein dünnwandiger Grauguss-Block vom High Performance Windsor mit den Zylinderköpfen des
bald darauf schon legendären Cleveland V8 kombiniert.


1969 BOSS 302.jpg
1969 BOSS 302.jpg (149.54 KiB) 7382 mal betrachtet


Diese neu entwickelten Hochleistungs-Köpfe - ebenfalls aus solidem Grauguss - waren eigentlich ein Vorgriff, da der gesamte Cleveland V8 erst etwas später der breiten Masse zugänglich wurde.


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Hier der robuste Block in Closed Deck Bauweise und 5 Hauptlagern aus verschiedenen Perspektiven:


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Um den Motor möglichst drehzahlfest zu gestalten, verwirklichte Ford statt Hydrostössel einen mechanischen Ventiltrieb.
Weiters sorgt eine geschmiedete Kurbelwelle mit relativ leichten, ausgewuchteten Gegengewichten für Zuverlässigkeit und spontane Drehfreude. Die Kolben wurden ebenfalls geschmiedet.


Boss Kurbewelle.jpg
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Die mechanischen Stössel sorgt übrigens noch für einen weiteren Effekt: Das markante, Boss typische Laufgeräusch.

Versorgt wurden die acht Brennräume durch einen durchsatzfreudigen 780er Vergaser sowie eine strömungsoptimierte Ansaugspinne.

780 Vergaser.jpg
780 Vergaser.jpg (21.67 KiB) 7382 mal betrachtet


Besonders leistungshungrige konnten gegen Aufpreis eine Kaltluftansaugung via Shakerhood bestellen.


BOSS V8.jpg
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Für noch mehr Leistung sorgen Ansauspinnen mit 2 Vierfachvergasern aus dem Tuning Bereich:


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Boss 302 V8.jpg (126.52 KiB) 7382 mal betrachtet


Das Ergebnis der gut durchdachten und sauber ausgeführten Ford-Konstruktion beeindruckt auch heute noch.

Bereits mit einem Vergaser und 10,5:1 Verdichtung leistete der V8
290PS bei 5.200 U/Min
393 Nm wurden bei relativ hohen 4.300 U/Min angereicht. Ein wahrer Sportmotor, der nach Drehzahl verlangt.
Dem Wettbewerbsmotor sagt man sogar nach, dass er bis 8.000 U/Min gedreht werden konnte.
550PS sorgten für unzählige Siege (und Gänsehaut-Akustik :supergrins: ) auf den weltweiten Rennstrecken.
Für einen ziemlich einfach aufgebauten Pushrod V8 eine mehr als beachtliche Bilanz!
https://www.youtube.com/watch?v=Zb1bd5r30CM

Die Leistungswerte mögen heute vielleicht nicht mehr ganz so beeindruckend sein wie 1969, aber man sollte sie im Kontext mit
den damals recht leichten Mustang Karosserien sehen. Immerhin wog so ein Boss Mustang nur zwischen 1.300kg und 1.550kg!
Die Fahrleistungen begeistern daher heute ebenso immer noch wie der unverfälschte Sound.

Glücklich, wer so ein Schätzchen mal bewegen durfte.
Übrigens: Der Boss 302 V8 wird immer noch produziert und ist als Crate-Engine erhältlich.


Crate engine.gif
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Da kann man nur sagen: Danke, Mr.Ford!

griwer
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Re: V8 Ikonen

Beitrag von griwer » 30. Aug 2021, 04:21

@Mach1 Eine bessere Quelle zum Bezug aller möglichen Racefuels ist die Firma VP-Racefuels. Wer sich nur mal über allgemein "schnelle Teile" informieren will dem empfehle ich mal bei "Schnitzracing" vorbei zu schauen.

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Re: V8 Ikonen

Beitrag von Mach 1 » 1. Sep 2021, 11:52

Die Geschichte von "Big M".
Oder: als im Motorsport noch alles erlaubt war. :D

Wir schreiben das Jahr 1971. Die verrückte CanAm Serie ist am Höhepunkt.
Die Regeln besagen: Keine Regeln.
Die Rennwagen werden unentwegt stärker und stärker. Permanentes Wettrüsten der Teams und Hersteller.
No limits!
Dominierender Antrieb dieser unbeschwerten Epoche ist der McLaren-Chevrolet V8.
Ein wahres V8 Monster.


McLaren Chevrolet.jpg
McLaren Chevrolet.jpg (93.17 KiB) 7250 mal betrachtet


Dieses durch seine charakteristischen Ansaugtrompeten markante Ungetüm geht auf den Chevrolet ZL1 Motor zurück.
Aus Anfangs "bescheidenen" 7 Litern Hubraum werden mit der Zeit bis zu 8,8 Liter!
Ein Kleinwagenhubraum von 1,1 Liter. Aber pro Zylinder
Einzig Leistung und Fahrbarkeit zählen um zu siegen. Verbrauch und Kosten spielen keine Rolle.
Paradiesische Zustände für kreative Konstrukteure wie Gary Knutsen - dem Chefentwickler von McLaren.

Unter Zuhilfenahme eines von Reynolds gefertigten Aluminium Blocks entsteht ein wahrer Leistungsriese.
Bis zu 780PS bei 7.800U/Min werden auf einen 650kg Rennwagen losgelassen.
Nicht weniger Besorgnis erregend: das maximale Drehmomenterdbeben von 810Nm.
Und das aus einem Saugmotor mit nur einer Nockenwelle!


Big M Alublock.jpg
Big M Alublock.jpg (56.08 KiB) 7250 mal betrachtet


Um mehr Hubraum aus dem Block zu quetschen werden die ursprünglich verwendeten Stahl-Zylinderlaufbuchsen weggelassen.
Der so gewonnene, gewachsene Zylinderdurchmesser führt so zu immer größeren Hubräumen.
Um eine verschleissarme Reibungspaarung zu gewährleisten werden stattdessen die geschmiedeten Kolben mit Eisen beschichtet und verchromte Kolbenringe eingebaut. Um auch bei höchsten Querbeschleunigungen zuverlässige Schmierung zu gewährleisten wird eine Trockensumpfschmierung mit mehreren Ölpumpen, separatem Öltank und üppig dimensioniertem Ölkühler verwendet.


Ölkühler.jpg
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Um die Dosierbarkeit dieser Urgewalten und zumindest ein gewissen Mass an Fahrbarkeit zu ermöglichen werden die markanten Ansaugtrompeten entwickelt. Diese sorgen für eine möglichst gleichmäßige Drehmomentkurve.
Theoretisch zumindest :supergrins:


Ansaugtrompeten.jpg
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Gefahren wird natürlich ohne Tennisbälle :supergrins:

Über die Ansautrompeten saugen die 8 Zylinder Unmengen an Luft an und werden auf ihrem Weg in die Brennräume von
einer mechanischen Lucas-Kinster-MacKay Einspritzung mit Kraftstoff angereichert.


Lucas-Kinster Einspritzung.jpg
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MaCKay Gasgestänge.jpg
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Gezündet wird das Gemisch mittels einer Vertex Magnetzündung.


Vertex Magnetzündung.jpg
Vertex Magnetzündung.jpg (69.43 KiB) 7250 mal betrachtet


Fächerkrümmer aus Edelstahl sorgen unüberhörbar für eine strömungsarme Ableitung der Abgase.
Die Druckwellen in der näheren Umgebung sind gewaltig.

Stainless Fächerkrümmer.jpg
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Zum Glück ist sowohl der Ein,- als auch Ausschalter für diese Höllenmaschine auch aussen am Fahrzeug gut erreichbar positioniert:


EinAus.jpg
EinAus.jpg (47.58 KiB) 7250 mal betrachtet


Soundcheck:
https://www.youtube.com/watch?v=WsVLUJAj5I8
https://www.youtube.com/watch?v=wSB1IwqLs5s


:)

Sally67
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Re: V8 Ikonen

Beitrag von Sally67 » 2. Sep 2021, 22:01

Ich durfte schon einige Male beim Start eines M8F In Hockenheim dabei sein.
Da wackelt die Hose :Nieder:
Gruß und
immer gutes Heimkommen.
Martin aus der Vorderpfalz.

Vernünftige Autos werden vom Antrieb geschoben, nicht gezogen!

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Re: V8 Ikonen

Beitrag von Mach 1 » 3. Sep 2021, 09:02

Sally67 hat geschrieben:
2. Sep 2021, 22:01
Da wackelt die Hose :Nieder:
Ja, ein Erdbeben (ab 0:30 :supergrins: ):

https://www.youtube.com/watch?v=odDeamw6Yrw

Andy Newall kann das Grinsen auch nur mühsam unterdrücken ;)

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